Die außergewöhnliche Geschichte der Singener Gedenkstätte soll erhalten werden. Ihr Förderverein sammelt Geld für ein Filmprojekt mit Willi Waibel und anderen Darstellern

 

Die Geschichte der Singener Theresienkapelle wird zum Stoff für einen aufwendigen Dokumentarfilm. Er wird mehrere zehntausend Euro kosten. Vom Lions-Club Singen-Hegau gab es nun schon mal 3000 Euro für das Kulturprojekt. Unser Bild zeigt in der Mitte Förderverein-Vorsitzende Carmen Scheide und von links die vier Lions-Mitglieder Franz Hirschle, Pius Netzhammer, Peter Jürgen Sander und Bruno Maier. Bild: Jörg Braun
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2017 jährt sich die Eröffnung der Theresienkapelle in Singens Südstadt zum 70. Mal. Die Gedenkstätte wurde von Kriegsgefangenen erbaut und ist eines der wenigen Mahnmale dieser Art, die in Deutschlands Süden in dieser Form erhalten sind. Verbunden ist die Kapelle mit der bemerkenswerten Lebensleistung des Singeners Willi Waibel, der für seinen Einsatz rund um das Gotteshaus und die Völkerverständigung jüngst mit der höchsten Anerkennung der Stadt Singen ausgezeichnet wurde, der Ehrenbürger-Würde. Sein Wirken für die Kapelle wird nun für die Nachwelt festgehalten, mit einem aufwendigen Dokumentarfilm. Die Kosten: zwischen 50 000 und 100 000 Euro.

Seit kurzem ist die 1946/47 von deutschen Kriegsgefangenen erbaute Kapelle offiziell eine Gedenkstätte. Dass der Bau nach der Auflösung des Kriegsgefangenenlagers 1948 erhalten blieb, ist der Geschichtsarbeit von Willi Waibel zu verdanken. Er setzte sich für den Erhalt des Gebäudes ein und arbeitete seine Geschichte auf. Denn während der Kriegsjahre standen in der Nähe der späteren Kapelle Baracken für Zwangsarbeiter, viele aus Osteuropa.

Waibel suchte nach den Namen von Hitlers „Arbeitssklaven“, schrieb im Kalten Krieg Briefe mit Informationen über Todesfälle von Ostarbeitern in die Sowjetunion und begann während der Perestroika mit der Versöhnungs- und Entschädigungsarbeit. Weil es eine Häufung von Zwangsarbeitern aus dem Gebiet Poltawa gab, entstand daraus die Idee, 1993 eine Städtepartnerschaft mit Kobeljaki im Gebiet Poltawa zu begründen. Für 2017, zum 70. Jahrtag der Kapellen-Weihe, plant die Vorsitzende des Fördervereins, Carmen Scheide, zahlreiche Aktivitäten. Die Historikerin hatte die Idee, das Wissen von Willi Waibel über die Geschichte von Singen und die Verflechtungen mit der Ukraine in einem Film zu dokumentieren. Dafür konnte sie den bekannten Dokumentarfilmer Marcus Welsch aus Berlin gewinnen, einen Ex-Singener. Die Fertigstellung des Films ist für Herbst 2017 geplant.

Materialsicherung und Recherche konnten dank Unterstützung der Stadt Singen und der Landeszentrale für politische Bildung vorgenommen werden. Der Lions-Club Singen unterstützt das Projekt mit 3000 Euro. Präsident Franz Hirschle: „Wir möchten mit unserem Beitrag die verdienstvolle Arbeit von Willi Waibel unterstützen.“ Waibel und andere Beteiligte der Kapellen-Geschichte werden nun vor der Kamera interviewt. Ihm selbst war der Film-Rummel gar nicht recht. "Wir mussten ihn erst überzeugen, dass sein Wissen erhalten und bewahrt werden muss", sagt Scheide.

Leben nach dem Krieg: Am 8. Mai vor 71 Jahren ging in Deutschland der Zweite Weltkrief zu Ende. Am 8. Mai 2016 fand in der Theresienkapelle an der Fittingstraße ein Informationsabend statt. Bei diesem berichteten Zeitzeugen und Experten, wie die Singener 1945 mit den Folgen des Krieges umgingen, wie sie die französische Besatzung erlebten und wie sie ins "normale Leben" zurückfanden.